Antwort auf Blogbeitrag von Christoph Lang zu elektronischer Bürgerbeteiligung

Da das Kommentarfeld des Blogs von Christoph Lang zu kurz ist für meinen Beitrag hier der „Diskussionsbeitrag“ zu den von ihm geäußerten Ansichten.

Das was die SPD in Berlin-Mitte möchte wie auch der Landkreis Friesland ist mehr als ein Meinungsbild, es soll eine Empfehlung an die Entscheidungsträger sein, ebenso ist vorgesehen, dass Argumente der Bürger in die Diskussion einfließen, die richtigen Begriffe dafür sind Beteiligung und Mitbestimmung – Meinungsbilder werden durch Umfragen erstellt. Das ist daher wichtig, weil der Grund, warum man ein System aufsetzt und wie wichtig es für den Betreiber ist auch Auswirkungen auf die Einschätzung des Datenschutzes der Teilnehmer hat.

Beteiligung allein heißt – Bürger nicht nur informieren, sondern sie auch fragen. Allerdings gibt es bei der Beteiligung keine Relevanz für die Anregungen der Bürger, weshalb nicht von Mitbestimmung gesprochen wird.

Der Begriff Klarnamenpflicht weist auf die Wirkung hin, nicht auf das Problem, das Problem ist, dass, wenn man Relevanz möchte, muss man höhere Anforderungen an das Zustandekommen der Anregungen und Empfehlungen richten. Zumindest, dass jeder Teilnehmer selbst überprüfen kann, dass andere Teilnehmer eine natürliche Person sind und nur über einen Zugang verfügen. Das ist das Problem, es mit Klarnamenspflicht zu umschreiben, ist nicht besonders zielführend, da sich die Argumente auf die Wirkung nicht die Ursache beziehen. Wenn man eine andere Möglichkeit findet, die Relevanz zu erhöhen und gleichzeitig die Überprüfbarkeit bei offenen Abstimmverfahren herzustellen, dann ist das gut. Warum offene und nicht geheime Abstimmungen, weil letztere im Netz nicht möglich sind. Wenn man die Überprüfbarkeit nicht herstellen kann, sollte man sich überlegen ob die Relevanz es zulässt, dass man einen Wahlcomputer Typ 2 betreibt.

Namentliche Abstimmungen funktionieren in Parlamenten, bisher war es allerdings auch nicht gewollt, gewünscht und gewährleistet, dass die Bevölkerung sich direkt an politischen Entscheidungen beteiligen und über eine Empfehlung abgeben kann. Mit der Empfehlung der Bevölkerung eines Stadtteils, einer Stadt, eines Landes etc. wächst der politische Druck auf die Entscheidungsträger. Dieser politische Druck ist die Relevanz, die ich meine.

Was viele an Diktaturen verkennen, die sie nicht erlebt haben. Den Diktaturen sind Pseudonyme lieber als die offene Erkennbarkeit. Mit Pseudonymen kann man andere sehr gut unter Druck setzen, ohne sich selbst zu offenbahren, seltsamerweise hat die Stasi nicht die bürgerlichen Namen für ihre Agenten verwandt. Andererseits gibt man sich selbst bei der Verwendung von Pseudonymen einer Sicherheit hin, die nicht existiert. Trifft Aussagen, die andere, die die Verbindung Pseudonym – Person aus Gründen XY herstellen können , nutzen können, um Druck aufzubauen.

Wir wissen selbst, dass kein System der Welt sicher ist, daher ist auch die Pseudonymität im Netz nur Placebo und erhöht bei Aufdeckung eher den Effekt der Erpressbarkeit, um für sich selbst oder für andere keine Repressalien zu erleiden. So ist das mit Geheimwissen, das vorliegt, wenn man Personen nur mit Pseudonymen ohne offene Akkreditierung und ohne Überprüfbarkeit der Teilnehmer unter sich an einem System teilnehmen lässt. Wenige können die Zuordnung von Amts wegen oder unberechtigt herstellen und können damit andere unter Druck setzen. Wer wirklich einen Grund hat, sich nicht zu erkennen zu geben, wird darüber hinaus auch keinen Grund sehen, eine offensichtliche Manipulation durch die Verwendung der eigenen Daten anzuzeigen.

Es ist so viel leichter mit Pseudonymen Druck auszuüben, weil man deren Verbindungen untereinander nicht verfolgen kann. Daher ist es für jeden eine Entscheidung, ob er teilnimmt oder diese Entscheidung können Dritte nicht abnehmen und soweit ich mich erinnern kann, treten wir gegen Bevormundung ein.

Der Versuch, eine Plattform für Bürger zur Beteiligung und Mitbestimmung zu gestalten ist nicht mit einer Plattform zur innerparteilichen Willensbildung vergleichbar, daher ist das Zitat „»Auch kann angesichts der großen und wachsenden Bedeutung des LQFB für die innerparteiliche Willensbildung nicht von einer freiwilligen Einwilligung im Sinne von §§ 4 Abs. 1, 4a BDSG ausgegangen werden.« in diesem Zusammenhang sinnfrei als auch der Verweis auf die SMV, die bisher im übrigen noch nicht von einem Datenschutzbeauftragten meines Wissen geprüft wurde. Geprüft wurde bisher lediglich die Gestaltung einer Bezirksinstanz der Piratenpartei Berlin. Sachen in Zusammenhänge zu bringen, die nicht existent sind, zeugt von einer unsicheren Argumentationslinie, mal freundlich ausgedrückt. Jede Orientierung am Schreiben des Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit vom 02.10.2012 ist im übrigen in diesem Zusammenhang ebenso sinnfrei, weil er nicht zu einer Bürgerbeteiligung Stellung nimmt, sondern zu innerparteilichen Willensbildung, die Gesetzeslage mag sich in Punkten überschneiden, aber die Sachverhalte sind von einander unabhängig zu betrachten.

Es gibt kein einziges Gutachten, keine Stellungnahme oder sonstiges, die jemals das Demokratieprinzip Liquid Democracy mit Wahlcomputern gleichgesetzt hat. Als Wahlcomputer Typ 2 werden Plattformen bezeichnet, die Überprüfbarkeit der Teilnehmer unter sich bei offenen Abstimmungen nicht zulassen, vollkommen unabhängig von der eingesetzten Software, da der Betreiber die Art des Einsatzes vorgibt. Solche Allgemeinplätze und wiederum nicht zutreffende Aussagen bitte in Zukunft der Glaubwürdigkeit halber vermeiden. Fazit: Es liegt an der Art des Einsatzes der Plattform, unabhängig von der Software und der Demokratieform, die Aussage Liquid Democracy hat Ähnlichkeiten mit Wahlcomputern ist einfach nur falsch.

Die Möglichkeit, die du aufzeigst, um sicherzustellen, dass nur ein aktiver Accout pro Einwohner existiert ist fragwürdig. Die Systeme, die zur Speicherung der Zugangsdaten verwandt werden, sind für Störungen anfällig, kein System ist sicher. Es hat eine kleine Gruppe Zugang, da spricht man von Geheimwissen. Diese Gruppe wiederum erlebt eine erhöhte Relevanz ihrer Tätigkeit und damit kann diese Gruppe von Menschen auch unter erheblichen Druck gestellt werden. Zum Beispiel bei Grundstücken, die in Berlin-Mitte zu verteilen sind, bei Baugenehmigungen oder ähnliches kann man eher kriminelle Energie Dritter vermuten, als wenn die Piraten des Bezirks Mitte darüber entscheiden, was sie ihrer Fraktion (die keine Macht zur Durchsetzung hat) eine Empfehlung geben.  Ich gehe nicht davon aus, dass deine Annahme, dass die herkömmliche Kontrolle durch die Beamten ausreicht, z. B. (Achtung Ironie) auch daher nicht, weil ja nie Ausweise gefälscht werden, nie Dienstausweise und auch keine Daten unberechtigt in den Systemen der Verwaltung gelöscht oder ergänzt werden – die Relevanz einer Entscheidung der Bürger (Politischer Druck) ist nicht mit der Relevanz einer Empfehlung an eine unbedeutende Fraktion vergleichbar.

Die Zugangsdaten per Post zu verschicken ist auch so eine Vorstellung, da man solche Art von Briefen ja nicht abfangen kann und eh nicht sichergestellt ist, dass jeder den Brief überhaupt erhält (anderes Thema – Entlohnung der Zustelldienste) . Es fällt nur auf, wenn jemand anders meine Zugangsdaten benutzt, wenn ich selbst diese Form der Mitbestimmung nutzen will, wenn ich kein Interesse habe, fällt es bis zur nächsten Versendung oder überhaupt nicht auf.

Deine Frage – Wie wird gewährleistet, dass der Abstimmende selbst nachvollziehen kann für welche Option seine Stimme gewertet wurde? – hat wiederum nicht viel mit dem aufgeführten BVerfG Urteil vom 3. März 2009 zu tun. Hier heißt es »Der Wähler selbst muss ohne nähere computertechnische Kenntnisse nachvollziehen können, ob seine abgegebene Stimme als Grundlage für die Auszählung oder jedenfalls als Grundlage einer späteren Nachzählung unverfälscht erfasst wird« – das bedeutet nicht, dass du wissen musst, für welche Option deine Stimme gewertet wurde, weil daher jegliche Kennzeichnungen des Wahlzettels zur Ungültigkeit führen. Die Wahlurne entkoppelt die Person von der Stimme und man kann das selbst nachvollziehen, da man die Stimmkarte selbst in die Urne steckt und außerdem das Recht hat, der Auszählung beizuwohnen. Es geht also darum, dass das Verfahren der Wahl – Austeilen der Stimmzettel – Ankreuzen – Falten – in Urne geben – nach Wahlschluss auszählen – Ergebnis erfassen und prüfen – nachvollziehbar ist und nicht für welche Option die Stimme gewertet wurde. Der Schluss stimmt wiederum, es ist im Netz nicht möglich. Die Ausführlichkeit daher, es geht bei der Überprüfbarkeit von offenen elektronischen Stimmen nicht darum, wie man selbst oder andere abgestimmt haben.

Eine offene Abstimmung ist keine geheime Wahl, wie wir diese bei der Wahl zum Bundestag, Abgeordnetenhaus und Bezirksverordnetenwahl kennen, daher ist der Punkt 2.3. überflüssig, weil geheime Abstimmungen im Netz gehen nicht – das wissen die Piraten zum größten Teil. Aus der Gesetzeslage zu geheimen Wahlen – Grundsätze für offene elektronische Abstimmungen abzuleiten, mag zwar deine Argumentation auf den ersten Blick untermauern, aber wenn man nach der rechtlichen Grundlage fragt, wird es schwer.

Jede Plattform die zur Beteiligung und Mitbestimmung der Bürger dient, ist eine Ergänzung zu den vorhandenen Formen der Beteiligung, Mitbestimmung und auch Mitentscheidung. Die Teilnahme ist freiwillig, die Entscheidung für welche Form man sich entscheidet, trifft die Person selbst. Durch die Einrichtung der Plattform werden die anderen bestehenden Möglichkeiten nicht außer Kraft gesetzt, sondern das Angebot an Beteiligung und Mitbestimmung erweitert.

Wie geschrieben, ich halte die Relevanz einer tatsächlichen Plattform zur Bürgerbeteiligung und Mitbestimmung für relevanter als wenn Mitglieder einer Partei im Bezirk an ihre Fraktion eine Empfehlung abgeben, der politische Druck ist nur von Mitglieder auf Fraktionäre vorhanden, bei Bürgerbeteiligung und -mitbestimmung ist der Druck von den Bürgern auf alle Fraktionen vorhanden.

Du erwähnst die Möglichkeit nicht, dass nur die Teilnehmer selbst Zugriff auf die Information, der andere Teilnehmer ist eine reale Person und hat nur einen Account haben und nicht die Öffentlichkeit selbst. Nein, auch mit Pseudonym ist man bei unberechtigtem Zugriff nicht geschützt, dieses Risiko besteht immer. All die Formen des Drucks, die du beschreibst, sind nur möglich, wenn die Teilnehmer gegen Nutzungs- und Datenschutzbestimmungen verstoßen.

Darüber hinaus ist es für mich traurig, dass man innerhalb seiner Familie nicht für seine Individualität einstehen kann, dass die Angst da ist, der Arbeitgeber könnte Stimmverhalten überwachen, man könne Freunden nicht vertrauen. Aber das sind alles problematische Sachverhalte, die nicht im Zusammenhang mit einer Plattform, einer Software oder einer Demokratieform stehen, das sind wir, dass ist die Gesellschaft. Diese Art der Probleme kann nicht durch eine Software oder Plattform gelöst werden, wenn man seiner Familie nicht offen gegenübertreten kann oder seinen Freunden nicht vertrauen kann, ist das ein soziales Problem, dass darüber hinaus ebenso existiert und einen ständig in Angst leben lässt. Wenn man Angst vor dem Arbeitgeber hat, dann liegt es daran, dass das Arbeitsrecht nicht beachtet wird, zu wenig sich geschlossen gegen derartige Gepflogenheiten wehren, aus Angst selbst der nächste zu sein. Angst eben.

Wiederum ein Problem, dass ohne Plattform und Software existiert. Die Folgen dieser Sachverhalte einer Software oder einer Plattform oder Demokratieform anzulasten wäre, die Wirkung beachten, aber die Ursache verdrängen.

Gerade weil die Bürger wissen, dass alles was sie im System äußern oder werten, sichtbar ist, ist die Wahrscheinlichkeit der Erpressbarkeit geringer, sie können selbst entscheiden, wie weit sie sich bei einem Thema direkt beteiligen oder ggf. auf andere delegieren. Und bitte lass die Vergleiche mit den ehemaligen Diktaturen, das sind Keulen, die geschwungen werden, wenn die Argumente ausgehen. Es ist immer eine Entscheidung, politisch tätig zu werden, dass ist es auch für jeden einzelnen Bürger.

Der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hat die Plattform, die von ihm geprüft wurde nicht abgelehnt, er hat eine Stellungnahme geschrieben, hat angemerkt, dass er der bisherigen Argumentation nicht folgen kann, dass für ihn nicht deutlich wird, dass die die Relevanz der Ergebnisse aus der Plattform von Bedeutung für die Piraten den Bezirkes sind und hat Vorschläge zur Umsetzung gemacht, die er zum damaligen Stand seiner Information geben konnte, das ist keine Ablehnung, auch wenn du das gerne möchtest und wie geschrieben eine Prüfung einer Plattform für Bürgerbeteiligung und Mitbestimmung ist bisher nicht vom Berliner DSB erfolgt. Leider schwingst du wieder Keulen und populistische Formulierungen, um dein Ziel, diese Form der Beteiligung zu diskretieren durchsetzen. Nein, das ist nicht sachlich.

Zu Adhocracy der Enquete-Kommission – ich war im Sommer auf einem Kongress zur politischen Bildung und habe vernommen, dass sich die Enquete-Kommission der fehlenden Relevanz der Beteiligungsform bewusst war und dementsprechend vom Scheitern dieser Form gesprochen hat. Zur Erklärung – Man kann sich mehrfach anmelden, hat keine Sicherheit, dass die Argumente in die Diskussion getragen, geschweige denn von den Entscheidungsträgern wahrgenommen oder gar beachtet werden. Wer da gesagt hat? CCC – bekanntes weibliches Mitglied.

So – ich habe nun doch auf deinen Blog geantwortet und dafür eigentlich was für mich persönlich wichtigeres liegen gelassen. Wenn du antworten möchtest bitte, nur lass die Keulen weg, dann werde ich nicht antworten, das muss ich mir nicht mehr antun.

Bürgerbeteiligung ohne Verbindlichkeit, Information und Transparenz?

Alles spricht von Bürgerbeteiligung und mehr Mitbestimmung – das Volk soll gefragt werden, nur die Relevanz der Antworten ist noch ungeklärt. Ideen von elektronischen Beteiligungssystemen für Bürger geistern durch die Lande, werden hier und da ausprobiert, aber was nutzt es etwas auszuprobieren, wenn Ergebnisse keine Relevanz haben?

Es ist von Beteiligungen an Entscheidungen die Rede, nur zu welchem Zweck? Welchen Einfluss hat die Antwort der Bürger auf die Entscheidung, die dann von der Politik getroffen wird, das ist die Frage, die zuerst zu klären ist. Eine Befragung im Netz ohne Relevanz, ohne Verbindlichkeit ist nicht von Interesse der Bürger getragen. Je weniger teilnehmen, desto eher verläuft sich das System im Sande. Ein Verfahren, dessen Entscheidungen man ignoriert, hat kein Ergebnis.

Ein Verfahren, dass zur Mitwirkung oder Mitbestimmung der Bürger dienen soll, ohne das Ergebnisse des Verfahrens Relevanz für zukünftige Entscheidungen haben, ist eine Simulation, wenn keine Verbindlichkeit geregelt ist.

Das gilt fürs Netz genauso wie für die Offline-Verfahrensweise. Wie schafft man diese Relevanz, Einfluss auf Entscheidungen, die von einem Maß an Verbindlichkeit getragen sind? Zunächst ist die Frage nach den Teilnehmern und deren Nachweis der Berechtigung zu prüfen, die sogenannte Akkreditierung. Das Ziel ist es zu gewährleisten, dass jeder Teilnehmer berechtigt ist, eine reale Person ist, nur einmal teilnimmt, eine mehrfache Teilnahme einer realen Person weitgehend ausgeschlossen werden kann.

Fazit: Bevor man ein Verfahren startet, muss man sich über die Tragweite der Relevanz des Ergebnisses im Klaren sein und diese verbindlich regeln.

Verzichtet man auf eine Akkreditierung oder erfolgt diese unkontrolliert nach verschiedenen Maßstäben ist die Teilnahmeberechtigung für die Gesamtheit der Teilnehmer nicht nachgewiesen und somit nicht gegeben. Eine willkürliche Teilnahme wiederum klassifiziert ein Anliegen zu einer Umfrage ohne Relevanz. Für die Akkreditierung benötigt man einen Prozess, der die genannten Ziele umsetzt, ohne Akkreditierung ist eine Verbindlichkeit oder Relevanz nicht gegeben. Je größer die Gruppe der Teilnahmeberechtigten, desto genauer müssen Akkreditierungsprozesse beschrieben werden. Verzichtet man auf eine Akkreditierung bzw. erfolgt diese unkontrolliert, läuft man außerdem Gefahr, dass Prozesse im Verfahren zur Mitbestimmung durch Gruppen massiv gesteuert werden, entweder durch Mehrfachaccounts oder durch Akkreditierung an verschiedenen Orten.

Fazit: Für ein relevantes Ergebnis ist ein Akkreditierungsprozess unverzichtbar, dieser muss so gestaltet werden, dass eine Mehrfachabgabe einer Stimme durch eine reale Person weitgehend ausgeschlossen werden kann.

Ergänzen ist hierzu noch, dass vor Start eines Verfahrens – ob nun elektronisch oder nicht – der Verfahrensprozess selbst gestaltet werden muss, womit können Teilnahmeberechtigte auf welche Weise an Entscheidungsprozessen teilhaben.

Ein anderer Schritt der parallel zur Erarbeitung eines Gestaltungs- und Akkreditierungsprozesses stattfinden muss, ist die Frage nach dem Zugang und Zugriff zu Informationen und der Transparenz der Vorgänge von Beginn des jeweiligen Themas bis zur Entscheidung, nachvollziehbar versteht sich. Ohne Informationen bzw. ohne ausreichende Informationen zum Sachverhalt ist es nicht möglich, qualitative und bewusste Entscheidungen zu treffen.

Ja / Enthaltung / Nein sehe ich nicht als ausreichend an, was ist eine Bürgerbeteiligung wert, wenn sich die Bürger nur an der letzten Entscheidung beteiligen, meiner Meinung nach nicht besonders viel, hat mehr Symbolcharakter. Entscheidungen stehen am Ende eines Vorgangs, in dessen Verlauf zunächst eine Grundlagenbetrachtung erfolgt, weiter ein Informationsaustausch, Vor- und Nachteile werden abgewogen, bis man zu einer Grundlage der Entscheidung kommt.

Das bedeutet, der Zugriff auf Grundlagen, Dokumentationen, Berichte muss gewährleistet sein, darf nicht durch Hürden begrenzt werden, wenn man Bürger beteiligen möchte. Wo Hürden und begrenzter Zugriff besteht, ist eine qualitative Entscheidung der Teilnehmer nicht möglich. Die Informationen müssen neben den Zugang eine Weiterverarbeitung zu lassen, um wiederum von Bürgerseite eigene Vorschläge und Ansichten einbringen zu können.

Eine Entscheidung ohne Zugang zu Informationen zum Vorgang selbst kann nicht qualitativ getroffen werden, ein Feedback zu den vorhandenen Informationen muss für den Meinungsaustausch gegeben sein.

Die Mitwirkung alle Teilnehmer am Sachverhalt selbst, halte ich für unerlässlich. Um Pluralismus zu ermöglichen, sind verschiedene Lösungsmöglichkeiten zu diskutieren und in das Verfahren einzubringen, somit werden vorhandene Sichtweisen dargestellt. Ein anderer Aspekt ist, dass man durch Formulierungen das eigene Anliegen positiv und andere Anliegen negativ darstellen kann, die Mittel der Sprache sind nicht begrenzt, Sprache beeinflusst uns in vielfältiger Weise. Stellt man nur von Fachexperten ausformulierte Grundlagen zur Auswahl

  • ist nicht sicher, ob Fachtermini von der breiten Masse verstanden werden
  • wird bewusst durch Wortgewandtheit das Ergebnis einer Entscheidung bereits vorweggenommen
  • wird die Auswahl an Lösungsmöglichkeiten eingeschränkt.

Fazit: Neben der Gewährleistung der Information der Teilnehmer über den Sachverhalt, ist die Mitwirkung der Teilnehmer am gesamten Vorgang zum Sachverhalt entscheidend, um eine qualitativ hohe Auswahl von Lösungsmöglichkeiten zu erreichen.

Selbst wenn Relevanz, Verbindlichkeit, Akkreditierung, Zugang und Zugriff zu Information geregelt ist, ist der Moment zum Start des Verfahrens noch nicht gekommen. Ein wichtiger Punkt fehlt noch, Transparenz im gesamten Verlauf des Vorgangs. Wenn nur die Seite der Mitwirkung der Bürger transparent erfolgt, die Seite der Entscheidungsträger in Behörden, Ämtern und Parlamenten nicht nachvollziehbar ist, kann man einerseits nicht erkennen, welchen tatsächlichen Einfluss die Mitwirkung der Bürger auf die anderen am Vorgang Beteiligten hatte und man kann die späteren Entscheidungsgrundlagen nur unzureichend bewerten. Transparenz ohne Nachvollziehbarkeit, ohne dass sich die entsprechenden Informationen leicht finden lassen, ohne dass auch technische Verfahren erarbeitet werden, die die Informationen zu den Teilnehmern bringen führt dazu, dass den Teilnehmern am Verfahren grundlegende Informationen für die Entscheidung fehlen oder vorenthalten werden.

Wenn man so vorgeht, kann eine Kraft erwachsen, deren Umfang uns heute noch nicht bewusst ist. Je mehr Informationen bekannt sind, desto transparenter das Handeln ist, um so besser können Vorgänge nachvollzogen werden. Jede Auseinandersetzung bewirkt das Nachdenken über andere Wege zum Ziel oder das Überdenken des eigenen Ziels hinsichtlich seiner Folgen.

Aus dieser Überlegung heraus, sehe ich Bürgerbeteiligung eher als mittelfristiges Ziel an, auf der von mir verfolgten Agenda steht zunächst Transparenz und OpenGovernment ergänzt durch Freifunk, Hotspots und Schulungen, um die Informations- und Transparenz sowie Beteiligungsangebote auch nutzen zu können.

Wir verfügen heute weder über ausreichend Informationen zu den Vorgängen, über die wir entscheiden möchten. Die Vorgänge, die zu Entscheidungen führen, sind weder nachvollziehbar noch transparent gestaltet. Wie soll man zu bewussten, durchdachten Entscheidungen kommen, wenn Informationen unter Verschluss gehalten werden, Vorgänge in Hinterzimmern unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgesprochen werden oder ganz simpel Hürden im Zugang zur Information aufgestellt werden, in dem sie nur Offline zur Verfügung und zusätzlich gegen Gebühr zu erhalten sind.

Die Fähigkeit Zusammenhänge zu erkennen und somit auch Verflechtungen in Politik und Gesellschaft zu bemerken, ist abhängig vom Umfang der Information, die bereit steht und wie diese gestaltet ist. Wer über weitreichende Informationen verfügt, ist in der Lage Zusammenhänge, Verknüpfungen zu erkennen und daraus für sich entsprechende für eine Entscheidung wichtige Schlüsse zu ziehen. Wenn Informationen begrenzt zur Verfügung gestellt werden, ist klar, dass man nicht will, dass Zusammenhänge erkannt werden. Ohne Zusammenhänge zu erkennen, lässt man sich zu sehr an einem Aspekt binden und wird blind für anderes, ohne diese Zusammenhänge läuft man Gefahr selbst unbewusst gesteuert zu werden.

Und dennoch, obwohl Information und Transparenz gerade mal in den Kinderschuhen stecken, geistert die Forderung nach umgehender Bürgerbeteiligung auf elektronischem Weg durchs Netz und wird bei jeder sich bietender Gelegenheit von Gruppierungen, Organisationen und Parteien aufgenommen. Es ist nicht ausreichend, dass man selbst gut informiert ist, selbst Zusammenhänge erkennen kann, wenn das nicht für einen relevanten Anteil der Bürger zutrifft.

Ich möchte noch kurz auf ein bekanntes Projekt eingehen, den sogenannten 18. Sachverständigen. Ein Projekt, bei dem Ergebnisse weder Relevanz noch Verbindlichkeit besitzen, bei dem die Teilnehmer nicht über alle für die Betrachtung Informationen verfügen. Der18. Sachverständige, somit die Bürger, die sich an diesem System der Enquete-Kommission beteiligen, hat keinen direkten Einfluss, die Verbindlichkeit fehlt, weil die Legitimation nicht durch den Bundestag erfolgt ist. Die Zahlen der Beteiligung sprechen Bände, wenn man sich vor Augen führt, dass jeder sich dort beteiligen kann: https://enquetebeteiligung.de/

Dort kann jeder mitmachen, Akkreditierung hielt man nicht für notwendig, die Relevanz nicht gegeben, zusätzliche Informationen nur spärlich, überhaupt fragt doch mal in eurem nicht netzaffinen Bekannten- und Verwandtenkreis nach dem 18. Sachverständigen der Enquete-Kommission – unbekannt. Es ist ja nur ein Experiment, aber weil man die Grundlagen nicht beachtet hat, entsteht der Eindruck, ein Angebot ist vorhanden, die Bürger haben aber kein Interesse. Ich halte dieses Projekt für gescheitert, wobei das Scheitern aus den erwähnten Gründen bereits am ersten Tag des Starts absehbar. Diese Plattform ist bereits den Beteiligungstod gestorben, ihr fehlt der freie Zugang zu Informationen, ihr fehlt die Relevanz. Beim Stöbern habe ich einen Artikel aus dem letzten Jahr gefunden, http://wahl.de/blog/110131/internet-enquete-lang-lebe-der-18-sachverstaendige in dem beschworen wird, dass nur wenn die bereits vorhandenen Wege zur Beteiligung genutzt werden (Mitmachen ohne Ergebnis) man das Interesse an Beteiligung überhaupt nachweisen könne. Das ist so falsch, dass mir da einfach weitere Worte fehlen.

Mitwirken ist nur mit Information und Transparenz nicht möglich. Mir ist bewusst, dass das Verfolgen von Information, das Auseinandersetzen mit Vorgängen, das gedankliche Nachvollziehen mit einem Aufwand an Zeit verbunden ist, auch mit Informationsaustausch unter den Beteiligten. Es gibt ein paar Idealisten, die diesen Aufwand auf sich nehmen, um des Wissens willen, die Mehrheit der Bevölkerung wird man nur zu diesem Aufwand bewegen können, wenn man die Ergebnisse der Beteiligung, Mitbestimmung, Mitwirkung zu einer Verbindlichkeit gegenüber den Entscheidungsträgern führt, so dass diese die Ergebnisse nicht bei ihrem Entscheidungsprozess ignorieren können.

Bürgerbeteiligung ist ein Prozess, in diesem Prozess spielen der Zugriff und der Zugang zu Informationen, die Transparenz von Vorgängen, die Möglichkeiten der Mitwirkung bei Vorgängen sowie die Relevanz der Ergebnisse eine bedeutende Rolle. Der Prozess hat gerade begonnen, wenn wir in dieser Situation Entscheidungen mit Beteiligung gleichsetzen hat diese Form der Beteiligung ein jähes Ende.

Bürgerbeteiligung ja, mit

  • Festlegung der Relevanz und Verbindlichkeit gegenüber der Legislative der aus Mitwirkung und Mitbestimmung resultierenden Entscheidungen.
  • Akkreditierungs- und Gestaltungsprozess des Verfahrens
  • freiem Zugang und Zugriff zu Informationen und deren Weiterverarbeitung
  • Transparenz und Nachvollziehbarkeit in den Vorgängen die vom Beginn des Projektes bis zur Entscheidung führen
  • Offenlegung aller Grundlagen und Dokumente, die den Vorgang begleiten

Die nähere Betrachtung jedes der aufgeführten Punkte würde inklusive der Gedanken zu Umsetzung Bücher füllen, es gibt den direkten Weg Bürgerbeteiligung = Entscheidung nicht. Man kann Beteiligung auch als Gleichung ansehen, deren Gleichgewicht erforderlich ist:

Beteiligung = Verbindlichkeit + Information + Transparenz → Entscheidungen aus Mitwirkung, Mitbestimmung, Beteiligung müssen eine Relevanz haben.

Wenn ich Forderungen nach der umgehenden Einrichtung von weiteren elektronischen Systemen zur Mitbestimmung durch die Bürger lese, frage ich mich warum man den letzten Schritt vor dem zweiten geht. Das führt dazu, dass das gesamte Anliegen, die Bürger mehr in die Demokratie auf kommunaler, Landes- und Bundesebene einzubinden, beschädigt wird. Ich bin der Meinung wir brauchen keinen zweiten 18. Sachverständigen, wir brauchen eine Auseinandersetzung mit dem Prozess, was die Bürgerbeteiligung überhaupt bewirken soll und kann. Wo man diese Form sinnvoll einsetzen kann, wir brauchen die Klarheit darüber, dass Bürgerbeteiligung ohne dass die Voraussetzungen für die Teilnahme und Information nicht geschaffen sind, sich im Sande verlaufen wird. Wir brauchen die Diskussion – in welcher Form – auf welchen Gebieten – in welcher Weise Entscheidungen aus der Bürgerbeteiligung relevant gegenüber der Legislative sind.

Andererseits wie können wir es von den Bürgern verlangen, dass sie sich diesem Prozess aussetzen, wenn nicht einmal politische Vereinigungen, sprich Parteien im Innenverhältnis so handeln. Die Vereinigungen, die lt. Parteiengesetz den Auftrag der politischen Willensbildung haben, haben diesen Prozess inkl. Relevanz, Information und Transparenz wenn überhaupt begonnen, noch nicht abgeschlossen. Vielleicht fängt man an dieser Stelle an und sieht für die Bürger als nächstes Ziel die Umsetzung von Informationsfreiheit und Transparenz als entscheidendes Kriterium an, damit diese sich an den bereits vorhandenen Möglichkeit qualitativ besser beteiligen können.