Keine Distanzierung, keine Aufklärung – was Katrin Vogel (CDU) alles nicht sagt

Blockade der Baustelle Unterkunft für Geflüchtete (Tempohome)

Am letzten Montag (09.05.2016) wurde auf einer sogenannten „Bürger-Demo“ zum Blockieren einer Baustelle für eine geplante Unterkunft für Geflüchtete aufgerufen. Heute sind die ersten dieser Aufforderung nachgekommen:

Der Aufruf der Blockade war der CDU-Abgeordneten Katrin Vogel bekannt, dagegen hat sie am vergangenen Montag auf der Kundgebung nicht gesprochen, im Gegenteil – sie hat den Redner, der zum Blockieren aufrief, beklatscht.

Zur Kundgebung hatte Frau Vogel auch aufgerufen, zwischen 200 – 300 Menschen sind dem Aufruf gefolgt (Angaben variieren) – nicht wenige, weil sie sich hinter den Aufruf gestellt hat. Am Montag, den 23.05.2016 will man sich wieder treffen – Eskalation ist zu befürchten, gerade weil die Bezirkschefin der CDU Treptow-Köpenick, die gleichzeitig Mitglied der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus ist, weder am Montag aufgeklärt hat, noch in ihren diversen Facebook-Posts versucht zu deeskalieren.

Keine Distanzierung – weder von der Kundgebung noch von den erkennbaren teilnehmenden NPD-Mitgliedern und organisierten Nazis

Gestern, am 12. Mai 2016 kam es zum Tumult im Abgeordnetenhaus während der Debatte zu Beschlussempfehlung zum Antrag der Fraktion Die Linke Besondere Situation geflüchteter Frauen berücksichtigen, spezifische Angebote zur In- tegration und Partizipation sichern. Als Rednerin der CDU-Fraktion hatte sich Frau Katrin Vogel angekündigt, dies sorgte für Unverständnis, Entrüstung bei den Abgeordneten der Grünen, Linken und Piraten. Jemand, der gerade drei Tage vorher an der Seite der NPD und anderer rechtspopulistischer Kräfte an einer Kundgebung gegen eine Geflüchtetenunterkunft teilgenommen und dort gesprochen hat, wollte nun für die Belange von Geflüchteten sprechen?

 

Dementsprechend wurde Frau Vogel von ihren Vorredner*innen  Evrim Sommer (Die Linke) und Canan Bayram (B90/Grüne)  aufgefordert, sich zu erklären bzw. zumindest von der Kundgebung am Montag zu distanzieren, wenn sie dann heute ihr in ihrer Eigenschaft als frauenpolitische Sprecherin der CDU zu diesem Thema sprechen wolle.

Nein, die Abgeordnete Vogel distanzierte sich nicht, sie erklärte sich nicht, sie tat einfach so, als wäre nichts und begann mit ihrer Rede. So brach im Plenarsaal Tumult in den Reihen der Grünen, Linken und Piraten aus. Nicht einmal eine Distanzierung, wenn schon nicht das Eingeständnis, mit der Teilnahme an der Kundgebung einen Fehler begangen zu haben? Dafür gibt es nur eine Erklärung,  dass Frau Katrin Vogel als Bezirkschefin der CDU es einfach nicht interessiert, ob an einer Kundgebung, die sie maßgeblich unterstützt hat, auf der sie spricht, Mitglieder der NPD, organisierte Nazis und Rechte teilnehmen. Mehr noch, das wird akzeptiert, wenn es der Sache gegen weitere Unterkünfte für Geflüchtete dient.

Die Abgeordneten Canan Bayram und Evrim Sommer forderten in Kurzinterventionen  Katrin Vogel auf, zu erklären, warum sie gemeinsam mit der NPD an einer Demonstration im Ortsteil Altglienicke teilgenommen habe, die sich gegen den Bau einer Containerunterkunft für Flüchtlinge richtete. Nach einem weiteren Redebeitrag des Abgeordneten Simon Kowalewski erfolgten weitere Kurzinterventionen von Michael Dietmann (CDU), Benedikt Lux (Bündnis 90/Die Grünen) vs. Simon Kowalewski (Piraten). Die Abgeordnete Katrin Vogel nutzte die Gelegenheit, sich zu erklären, nicht.

Nicht zu vergessen, die CDU-Fraktion die lautstark während der Redebeiträge anderer Redner*innen Partei für ihr Mitglied ergriffen. Der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus genauso gleichgültig, welchen Kräften eine Bühne geboten wird, wenn Kundgebungen/Demos unterstützt werden, die sich gegen Geflüchtete richten. Auch der CDU in Berlin ist nicht an Deeskalation gelegen.

Keine Aufklärung, dafür um so mehr Bestätigung der Hysterie

Problembewusstsein kann man der CDU nicht unterstellen, ihrer Abgeordneten Katrin Vogel ebenso wenig. Ob da nun so zufällig ein Rechter unter den Teilnehmer*innen der Kundgebung war ( es waren nach Augenzeugen- und Polizeiberichten definitiv mehr als einer) oder sie sich für den vielen Zuspruch seit der Kundgebung bedankt. Nichts wurde bisher reflektiert, nicht die „Ergebnisse“ der Kundgebung, ob nun die Statements der beiden Altglienicker, die in der Berliner Zeitung

 

von „Gesocks“ sprechen, vor denen sie Biotope schützen müssen oder dass sie nie ein Haus gebaut hätten, wenn sie gewusst hätten, das Flüchtlinge einquartiert werden – begründet mit „Wenn ich bei Ausländern wohnen wollte, wäre ich nach Kreuzberg oder Neukölln gezogen“.

Nun wird und wurde von einem Teil der Kundgebung immer wieder geäußert, man ist ja dahin, weil man Informationen wollte. Haben sie die bekommen? Nein, sie haben die Bestätigung ihrer Bedenken, Ressentiments, Ängste erhalten und das von einer demokratisch gewählten Vertreterin des Abgeordnetenhauses. Diese klärte nicht auf, diese informierte nicht, sondern bestärkte die Teilnehmenden in ihrer Ablehnung der Unterkunft und somit auch der Ablehnung der Geflüchteten. Es hätte so viel gegeben, was die Abgeordnete Katrin Vogel in ihrer Eigenschaft als frauenpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, in ihrer Eigenschaft als Mitglied der für Frauen, Integration, Stadtentwicklung, Bauen zuständigen Ausschüsse im Abgeordnetenhaus hätte sagen können, wenn sie wirklich hätte informieren wollen. Aber sie tat es nicht.

Die Abgeordnete Katrin Vogel sagte nicht,

  • dass Familien, Frauen und Kinder, die derzeit in den Notunterkünften (Sporthallen) leben, dringend Rückzugsmöglichkeiten brauchen und dieses Tempohome bei Fertigstellung diese Rückzugsmöglichkeiten für Geflüchtete bieten kann, die heute noch in zwei Sporthallen leben.
  • dass diese Schutzsuchenden vor allem unsere nachbarschaftliche Unterstützung brauchen, dass die Unterkunft gerade in der Anfangszeit Angebote zur ehrenamtlichen Unterstützung sucht und Ablehnung der Geflüchtete hinderlich bei Integrationsbemühungen ist.
  • dass das Tempohome nur eine Übergangslösung darstellt, die auf drei Jahre begrenzt ist und dass auch die außerordentliche Genehmigung für die Zulassung dieser Containerlösung nach dieser Zeit abläuft.
  • dass es das Ziel ist, dass die Geflüchteten aus dieser Containerunterkunft in Wohnungen kommen und dass u.a. das degewo-Integrationsmodell in der Nähe nach Fertigstellung die Möglichkeit dazu bietet.
  • dass der Standort vom Senat festgelegt wurde, der Landesregierung aus SPD und CDU und so mit ihre Partei auch für diese Entscheidung zumindest eine Mitverantwortung trägt.
  • dass diese Entscheidung vom Senat endgültig ist, da es sich bei dieser Containerunterkunft um ein Pilotprojekt handelt, wie auch in Marzahn-Hellersdorf, über das lt. den Unterlagen des Hauptausschusses keine Abstimmungen mit dem Bezirk mehr erforderlich sind.
  • dass mindestens ein Standort, den die CDU als Austausch auf dem Wista-Gelände favorisiert, auf Eignung als Standort für eine modulare Unterkunft vom Senat weiter geprüft wird – modulare Unterkünfte sind Dauerlösungen, dessen Wohnungen weiter genutzt werden können.
  • dass der Bezirk selbst zwar andere Möglichkeiten für diese Unterkunft beim Senat eingereicht hat, aber zu keinem Zeitpunkt darüber entscheiden konnte, sondern dies wie schon eingangs erwähnt, der Senat entscheidet, also die Landesregierung, die auch mit von der CDU getragen wird.
  • dass der Informationsfluss zwischen Senat und Bezirk bekanntermaßen mehr als unzufriedenstellend ist und der Bezirk so schnell wie möglich Entscheidungen mittels Pressemitteilungen bekannt macht.
  • dass wenn der Bezirk keine Entscheidungsmöglichkeit hat, die Bezirksverordnetenversammlung diese ebenfalls nicht hat und nur das Abgeordnetenhaus, insbesondere die Fraktionen der Koalition – wenn überhaupt – Einfluss nehmen können, nochmals Frau Vogel ist Mitglied einer Koalitionsfraktion.
  • dass im Bezirk bereits Informationsveranstaltungen geplant sind und stattfinden werden. Diese aber auch nur dann Sinn haben, wenn auch Informationen da sind, die vermittelt werden können.
  • dass die Container nur eingeschossig aufgestellt werden, da sie aufgrund ihrer statischen Eigenschaften nicht stapelbar sind. Die stapelbaren Container wie in der Unterkunft Allende II schon lange nicht mehr verfügbar sind.
  • dass diese Container einerseits eine große Stellfläche benötigen, andererseits der Schallschutz für die Geflüchteten berücksichtigt werden muss. Der Schallschutz dieser Container nicht so hoch ist und daher die Container in einem Mindestabstand zur Bahnstrecke aufgestellt werden müssen.
  • dass auch mit Rücksicht auf das „Biotop“ der Zauneidechsen die Container an dem jetzigen Aufstellort angesiedelt werden
  • dass die Abstimmungen mit dem Spielplatz Waslala laufen und Lösungen für die Bauzeit gefunden werden, nach der Bauzeit steht Waslala wieder die gesamte Fläche zur Verfügung wie vorher.
  • dass in diese Tempohome-Container-Unterkunft Geflüchtete und ihre Familien kommen, die bereits in Berlin registriert sind, deren Kinder bereits einen Schul- und soweit möglich und gewünscht einen Kita-Platz erhalten haben.
  • dass der Bezirk Treptow-Köpenick einer von denen in Berlin ist, in dem es noch keine Probleme mit der Einrichtung von Willkommensklassen für die Aufnahme der schulpflichtigen Kinder aus Familien Geflüchteter gibt.
  • dass diese Probleme auch nicht auftauchen, weil die Mehrzahl der Kinder, die absehbar in die Unterkunft zieht, bereits in Schulen im Bezirk lernen.
  • dass die Problematik der Kita-Plätze mehr mit der Steigerung des Bevölkerungswachstums als mit dem Zuzug der Geflüchteten zu tun hat, die aufgrund ihrer oftmals traumatischen Erfahrungen nicht so einfach ihr Kind in eine Betreuung geben.
  • dass am sehr guten Beispiel der Erstaufnahmeeinrichtung in der Rudower Straße in Altglienicke erkennbar ist, dass sich Geflüchtete ohne Probleme in Altglienicke integrieren können,
  • dass Befürchtungen vor mehr Kriminalität etc. pp. durch Zuzug von Geflüchteten von der Berliner Polizei nicht betätigt werden.
  • dass die Geflüchteten in erster Linie Schutzsuchende sind, die für die Integration in Berlin nicht nur staatliche Unterstützung brauchen, sondern auch die Mitarbeit der Berliner Bevölkerung bei der Integration.
  • dass sich die auf der Kundgebung Anwesenden weniger Gedanken darüber machen sollten, welche Auswirkungen dieser temporäre Verbleib einer Unterkunft auf ihr Leben hat, sondern welche Auswirkungen die spürbare Ablehnung und Feindseligkeit auf das Leben der Geflüchteten hat, die im Sommer in diese Unterkunft einziehen.
  • dass es im Bezirk immer wieder Unverständnis bei der Errichtung von Unterkünften für Geflüchtete gegeben hat, diese letztendlich aufgelöst bzw. doch stark dezimiert werden konnte, wenn die Unterkunft erst einmal eröffnet wurde und die Anwohner*innen feststellten, dass sich ihr eigenes Leben nicht so, wie befürchtet,  ändert.

Es hätte auf der Kundgebung so vieles gesagt werden können, wenn es den Initiatior*innen und Unterstützer*innen um Deeskalation gegangen wäre, wenn es um Information der Bevölkerung gegangen wäre. Nur darum ging es nie. Mag sein, dass ein Teil der Anwesenden das tatsächlich nur Infos wollte, aber ein anderer Teil, der zu Wort gekommen ist, der Beifall geklatscht hat, der hatte dieses Interesse nicht bzw. es war nur vorgeschoben.

Es ging niemanden, der diese Kundgebung angemeldet oder den Aufruf unterstützt hat, um Deeskalation, um Verständnis, um Nächstenliebe oder ein solidarisches Miteinander.  Es ging nie um Information, sondern schlicht weg nur um das Einfach-Dagegen-Sein, unbegründet, undifferenziert – es kann schon gebaut werden, überall, nur nicht hier. Es fehlt jegliche Empathie für das Leben anderer Menschen, es herrscht Egoismus und Ablehnung.

Auch am 23. Mai 2016 wird niemand über die vorgenanten Punkte sprechen, auch an diesem Tag werden sich Teilnehmende nur wieder gegenseitig in ihren Vorurteilen und ihrer Ablehnung bestärken – ohne jeglichen Erkenntnisgewinn. Schuld an allem werden, wenn nicht Kanzlerin Merkel und die Lügenpresse, dann doch in jedem Fall Abwesende sein. Ob die Kreisvorsitzende der CDU und CDU-Abgeordnete Katrin Vogel wieder mitmischt, bleibt abzuwarten.

 

 

 

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